CELLE. Ein Stammlokal bietet Raum für so einiges: Man kann gute Gespräche führen, zusammen feiern oder auch eine Jazzband gründen, wie das beim Hannoveraner Jazz-Sextett „Was Nun“ vor etwa vier Jahren der Fall war. Zusätzlich lieferte die Kneipe auch gleich den passenden Bandnamen.

Die Frage „Was nun?“ stellte sich bei den sechs Musikstudenten in erster Linie musikalisch, aber die Entscheidung über den künftigen Berufsweg spielte natürlich auch eine Rolle. Mittlerweile sind die jungen Männer Berufsmusiker und auch in Bigbands aktiv, eine Tatsache, die für die musikalische Ausrichtung der Jazz-Formation eine nicht unwesentliche Rolle spielt.

Am Donnerstagabend gaben die Musiker auf Einladung der Celler Jazz-Initiative im Rahmen ihrer Deutschlandtournee auch ein Gastspiel in „Kunst & Bühne“ und hatten ihr brandneues Album „Voyage“ mit im Gepäck, das offiziell erst am 18. November erscheint. Der Veranstaltungsraum war bis auf den letzten Platz gefüllt und alleine am jazzgemäßen Applaus mit dem richtigen Timing war schon abzulesen, dass es sich um ein echtes Fachpublikum handelte. Der Celler Moritz Aring hatte ein Heimspiel, führte als Moderator durch den Abend und erklärte das besondere Markenzeichen des Sextetts: „Neben den typischen Jazz-Elementen geht es uns um eine kompakte Klangästhetik, das so genannte Blending. Das Zusammenspiel der Bläser vermittelt dabei den Eindruck eines echten Bigband-Sounds.“

Die Musiker haben den Anspruch, Tradition und Moderne zu verknüpfen. Neben dem Bestreben, einen ganz eigenen Stil auszuprägen, gibt es auch Vorbilder aus der Jazz-Geschichte. Moritz Aring nennt zum Beispiel „Art Blakey & The Jazz Messengers“, was seinen Celler Kollegen am Schlagzeug Erik Mrotzek sicherlich besonders freuen wird, da Art Blakey selbst ein virtuoser Schlagzeuger war.

Jeder der Musiker konnte im Laufe des Konzerts nicht nur in zahlreichen Soli die besonderen Fähigkeiten an seinem Instrument unter Beweis stellen, sondern auch als Komponist in Erscheinung treten. Dabei war es eine gute Idee, den Stücken eine kurze Entstehungsgeschichte voranzustellen.

Pianist Anthony Williams beschrieb seine Gefühle während der langen Corona-Pause, als er häufig Zeit mit sich alleine verbringen musste. Die Gedanken an gemeinsame Auftritte und die Menschen, die ihn lieben, hielten ihn dabei über Wasser. Sein Stück „Never Alone“ war ein intensives musikalisches Statement und man merkte seinem Klavierspiel das Herzblut an, das er in die Komposition investiert hat.

Für eine Dame aus Celle war es das erste Jazzkonzert, und wie sie glaubhaft versicherte: „Nicht mein letztes.“ Sie brachte damit den Abend auf den Punkt: ein vielversprechender Auftritt des noch jungen Jazz-Sextetts, dessen weiteren Werdegang man mit Spannung verfolgen darf.

 

Bericht: Cellesche Zeitung vom 29.10.2022