Celle. Die Neujahrsmatinee der Neuen Jazz-Initiative Celle (NJIC) hat schon lange Tradition − auch wenn sie am vergangenen Sonntagvormittag erst zum zweiten Mal im Saal des Celler Stadtpalais stattfand. In der Regel stehen Termin und Programm langfristig fest − aber manchmal kommt es eben anders: Die aktuelle Erkältungswelle hatte auch beim Achim-Kück-Quartett zugeschlagen und es − einen Tag vor Auftritt − seiner Sängerin beraubt. Ende gut, alles gut: Mit Melanie Germain konnte quasi in letzter Minute ein würdiger Ersatz für Anja Ritterbusch gefunden werden.

Es war und blieb kühl in dem glamourösen Saal − was die Raumtemperatur betraf. Ansonsten sorgten Bandleader Achim Kück am Piano mit Michael Cammann am Bass, Dieter „Zipper“ Schmigelok an den Drums und dem Saxofonisten Thomas Zander mit schwungvollem Swing, heißen Latin-Rhythmen und Bossa-Nova-Musik (bis hin zu Ausflügen in den Pop) für bestes Aufwachklima unter den bedauerlich wenigen Gästen − auch hier gab es zahlreiche krankheitsbedingte Absagen. Die, die es zum Jazz zur Brunch-Zeit geschafft hatten, wurden mit einem gelungenen Mix aus Hits und Evergreens sowie Klassikern aus dem breiten Jazz-Repertoire belohnt und in schwungvolle Laune oder verträumtes Mitgrooven versetzt.

Das Quartett mit der so kurzfristig eingesprungenen Sängerin wirkte von Anfang an souverän und schien zunehmend selbst mehr Spaß am gemeinsamen Musikmachen zu finden. Melanie Germain fügte sich problemlos und voller ansteckender guter Laune in das Ensemble ein. Es war nicht zu bemerken, dass der Sängerin, die viele von der Celler Bigband her kennen, nur ein paar Stunden Probe für ihren Auftritt geblieben waren. Harmonisch und professionell reihte sie sich in das Gesamtkonzept ein. Arrangements, die auch den einzelnen Musikern ausreichend Raum gaben, sich in immer wieder bemerkenswerten Soli zu präsentieren, was die Zuhörer immer wieder zu besonders anerkennendem, intensivem Zwischenapplaus motivierte.

Die ursprünglich geplanten drei Konzertteile wurden spontan (dem frischen Raumklima angepasst) zu zwei Gigs mit nur einer Pause für die Tasse heißen Kaffees. Dennoch kamen die Gäste in den Genuss eines über zweistündigen Konzerts mit etlichen Highlights − wie etwa die instrumentale „The Saga of Harrison Crabfeathers“, deren Klangfülle die Zuhörer in eine mystische Klangwelt voller flirrender Kolibris und wirbelnder Wasserläufe versetzte. Oder das anspruchsvolle „Women of Santiago“ − eine Herausforderung, der sich Melanie Germain mit Bravour stellte.

 

Bericht Cellesche Zeitung vom 10.01.2023