CELLE. Man kann diese mitreißende Veranstaltung eigentlich nur mit „Wehe, wenn sie losgelassen“ umschreiben. Wer da angenommen haben mag, die Seniorenriege der Jazzmusiker rund um die Basis der „Savannah Jazzband“ hätte etwas an Temperament und Spielfreude eingebüßt, der wurde schnell eines Besseren belehrt. Die traditionelle Oldtime-Weihnachtssession der Neuen Jazzinitiative Celle entwickelte sich schon nach kurzer Zeit zu einem vom Publikum begeistert angenommenen Best-Laune-Konzert, bei dem sich selbst nach drei Stunden in Kunst & Bühne noch kein Ende abzeichnete.

Zwei Jahre erzwungene Enthaltsamkeit – die endlich zu Ende war. So moderierte Eckhardt Ditting den Abend an: „Wir trauen uns und ihr traut euch – was kann da schiefgehen?“ Das erste Stück schon nahm mit dem Streetparade-Thema den Faden der „guten alten Zeit des Jazz“ mit der Aura von New Orleans gekonnt auf. Die passende Stimmung, um an die Reihe von Mitstreitern zu gedenken, die in den vergangenen zwei Jahren verstorben sind: Henning Brandes, Klaus Wogram, Wolf-Dietrich Bebenroth, Hans Häfker. Die Musiker gehörten zum Teil seit Urgründung der Savannahs – 1968 noch Savannah Jazzmen – zur Band und haben jahrzehntelang ihren geliebten Dixieland und Blues auf die Bühne gebracht.

Die Lücken scheinen kaum mehr füllbar. Vor diesem Abend wurde bereits von verschiedenen Seiten die Sorge laut, ob es ein nächstes Mal Oldtimejazz zum Abschluss der Saison geben wird. Wer dieses Spontan- und Impro-Konzert miterlebt hat, kann diese Befürchtungen nicht teilen. Zu ambitioniert und vor allem mit zu viel Spaß haben sich am Freitag in die Jahre gekommene Jazzmusiker aus ganz Niedersachsen in Celle eingefunden und „gejammt“, was das Zeug hält. Zur Freude der Zuschauer im vollbesetzten Kulturcafé, die zusehends mehr in Stimmung gerieten.

Zwischen dem typisch schrubbeligen Banjo-Klang und schmelzigem Blues wechselten sich nicht nur die Standards der Blütezeit des Oldtime Jazz aus den 20er und 30er Jahren mit Titeln aus der Ära des Swings und der Ballroomzeit ab. Es gab auch eine Rotation auf der Bühne von Musikern, die zum Teil noch nie miteinander gespielt hatten. Aber weder dem Sound noch der guter Laune tat das einen Abbruch. Im Gegenteil, die Gelegenheit, zu improvisieren und in den Soli reihum sein Können unter Beweis zu stellen, trieb so manchen noch an. Eine Session vom Allerfeinsten.

Bericht Cellesche Zeitung vom 5.12.2022