Celle. Das Kulturcafé Kunst & Bühne bis zum letzten Sitzplatz gefüllt, die Herren um den Kern der Savannah Jazzband auf der Bühne bereit – dann konnte es losgehen, Abmarsch mit Musik. Ein wunderbarer Dixie im Klang der Marchingbands durch New Orleans – damit man gleich einmal merkt, wo es an diesem Abend langgehen sollte: bester Oldtime-Jazz von jung gebliebenen „alten Hasen“.

Drummer Manfred „Koffi“ Kaufmann hat seine Musikerkollegen aus ganz Niedersachsen einmal mehr für die traditionelle „Oldtime Session“ im Veranstaltungsreigen der Neuen Jazzinitiative Celle zusammengetrommelt – für ein Konzert voller Spaß und zur Entspannung vom Vorweihnachtsstress.

Banjo, Klarinette, Gesang … und sooo viel flotter Swing – das optimale Rezept für gute Laune. Das brachten die Vollblutmusiker von der ersten Note von der Bühne ins Publikum. Gar nicht nötig, dass Trompeter Eckhart Ditting – der sich auch als Conférencier zwischen den Stücken betätigte – immer mal betonte, wie eingerostet und uneingespielt man sei.

Unnötiges Fishing for Compliments, von Rost war nichts zu hören. Schließlich kommt es auf den Rhythmus an, und der steckt jedem einzelnen dieser Truppe seit Jahrzehnten im Blut. Interpretation ist im Jazz gewollt und ein bisschen schräg darf gerade eine Session sein. That’s live – Musik von Hand gemacht.

Selbst den kurzfristigen Ausfall des Bassisten „Ocky“ Ortner konnte die Band gut kompensieren. Alles in allem war es ein musikalisches Vergnügen – so empfanden es zumindest die Zuhöre, die nach der vierten Pause und drei Stunden bester Unterhaltung, die Oldtime-Jazzer noch bis zum letzten Ton genießen wollten.

An diesem Abend standen (neben Eckhard Ditting und Koffi Kaufmann) Holger Halm (Klarinette), Jochen Dornbusch (Posaune), Per Graner (Banjo/Gitarre) als Mitglieder der Savannah Jazzband auf der Bühne, unterstützt von Wolfgang „Molli“ Müller am Piano sowie Wolfgang Heidenreich mit seiner Trompete als Gastspieler.

Der Mix aus bekannten Klassikern und eher nicht so Bekanntem bewährte sich bestens. Wilder Swing ließ Füße und Beine wippen und schmusiger Blues ging runter wie Öl. Ein Mix im Tempo: „Please Don‘t Talk About Me When I‘m Gone“ geschrieben von Sam H. Stept. Und dann ein mitreißender Charleston „Ain´t she sweet“ – da wurde nicht nur im Sitzen getanzt.

„Savoy Blues“ – ein fettes Stück New Orleans für eine Tailgate Jazzband. Mit ein bisschen Jazzkunde dank Eckhard Ditting: Damit die Posaunisten mit ihren ausfahrenden Instrumenten der Marchingband nicht in die Quere kamen, liefen sie vorn weg. Als man die schwereren Instrumente auf einem Wagen mitführte, setzte man die Posaunisten kurzerhand auf die hintere Wagenfläche mit offener Klappe – Tailgate.

Ob mitreißend oder dahinschmelzend – die Songs ließen die Erinnerung an die ersten Jahrzehnte des 
20. Jahrhunderts hochkommen und gaben neben dem Dixie und Swing auch dem Blues mit all seinen emotionalen Geschichten voller Schmerz und Sehnsucht großzügigen Raum. Der Versuch, den Blues wirklich zu beschreiben, glücke eigentlich nie so ganz, so Ditting, aber die Musiker selbst hätten die Verursachung des Blues klar definiert. Das mit „pain and loneliness“ läge in der Regel an den „Naughty Sweeties“.

Wenn’s gut lief mit der Dame des Herzens, bejubelte man mit „Every-body loves my Baby“ die Treue der Auserwählten, oder schwärmte für „Sweet Georgia Brown“. Und wenn’s nicht so gut lief, hieß es „I can give you anything but love“. Auf alle Fälle gab es jede Menge tolle Jazz-Oldies für das Publikum.

 

Cellesche Zeitung vom 17.12.2024